Kanzlei für Arzthaftungsrecht: „Wir stehen auf der Seite Ihres Rechts“

„Fehler müssen aufgezeigt werden. Nur dann ändert sich etwas.“ Dr. med. Britta Konradt, Ärztin und Fachanwältin für Medizinrecht, erklärt in einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost, warum es wichtig ist, Geduld zu haben, und worauf es während einer Auseinandersetzung im Arzthaftungsrecht ankommt.

Frau Dr. Konradt, stellen Sie sich und Ihre Kanzlei doch bitte kurz vor.
Vor rund 20 Jahren habe ich eine „Kanzlei für Arzthaftungsrecht“ gegründet und bemühe mich seitdem, täglich Patienten zu ihren Rechten nach einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung zu verhelfen.

Wie sieht Ihr bisheriger Berufsweg bis zu Ihrer jetzigen Kanzlei für Arzthaftungsrecht aus?
Ich bin Ärztin, zugelassen und promoviert, und habe parallel Biochemie studiert und abgeschlossen. Zudem bin ich zugelassene Rechtsanwältin, speziell Fachanwältin für Medizinrecht.

Wie sind Sie auf diesen speziellen Weg gekommen?
Als Ärztin musste ich feststellen, dass Patienten durch ärztliche Behandlungen auch Schädigungen durch vermeidbare Fehler erfahren und Ansprüche schwer durchzusetzen sind.

Sie halten daneben auch Vorträge und veröffentlichten einige Publikationen. Erläutern Sie doch bitte, wie es dazu kam.
Ich möchte für Transparenz sorgen. Wenn der Patient aufsteht und seinen Behandlungsverlauf überprüfen lässt, weil es ihm nach einer Behandlung schlechter geht als vorher, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Fehler müssen aufgezeigt werden. Nur dann ändert sich etwas.

Und welche Philosophie verfolgen Sie mit Ihrer Kanzlei, Ihrer Tätigkeit?
Wir stehen auf der Seite der Gerechtigkeit, insbesondere für die der Patienten, als Organ der Rechtspflege, welches ich als Rechtsanwältin bin.

Welche Menschen betreuen Sie? Besteht Ihr Klientel aus einer bestimmten Zielgruppe?
Bei meinen Mandanten handelt es sich fast immer um Geschädigte. Sei es der Patient oder eine Krankenkasse.

Was ist das häufigste Problem, womit sich Ihre Klienten an Sie wenden?
Dass ihre Welt durch den Schaden, den sie erfahren haben, nicht mehr so ist wie vorher und in der Regel niemals besser.

Und was ist Ihrer Meinung nach das häufigste Problem bzw. die häufigste Ursache?
Der Grundfehler in der heutigen Medizin ist der Mangel an Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Dazu kommt eine zu geringe am einzelnen Patienten ausgerichtete Medizin. Das heißt, was dem einen Patienten zugemutet werden kann, ist bei dem anderen nicht möglich.

Wie sieht das Feedback der Klienten Ihnen gegenüber aus?
Da wir an die 80 Prozent unserer Mandate erfolgreich zum Abschluss bringen, ist das Feedback in der Regel sehr positiv. Oftmals geht es auch allein um Aufklärung, warum die Dinge anders gelaufen sind, als erwartet.

Hatten Sie bereits mit einem außergewöhnlichen Fall bzw. Klienten zu tun, der Ihnen extrem im Gedächtnis geblieben ist?
Meist sind es geschädigte Kinder oder die Eltern von diesen, die mir spontan einfallen. Auch Fälle, bei denen eine kleine Ursache einen riesigen Schaden bei dem entsprechenden Patienten angerichtet hat. Auch Patienten, die keinen Schaden erlitten hätten, wenn man früher reagiert hätte, bleiben im Gedächtnis.

Haben Sie auch mal Fälle im Voraus abgelehnt? Was heißt im Voraus?
Grundsätzlich höre ich mir jedes Anliegen an und versuche, zusammen mit meinem Gesprächspartner, eine Einschätzung der Situation und damit auch der Erfolgsaussicht vorzunehmen. Dies kann auch in dem Rat münden, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen.

Wie sieht der Ablauf bzw. das Vorgehen genau aus? Können/dürfen Sie dies anhand eines Beispielfalls erklären?
Wie gesagt, zunächst spreche ich mit dem Mandanten. Ich frage ihn, warum er sich an mich wendet. Dieses Gespräch ist sehr wichtig. In der Regel fordere ich anschließend die Behandlungsdokumentation an. Anschließend folgen unterschiedliche Wege: Oft stelle ich einen Anspruch, ohne vorher ein Gutachten einzuholen – ich bin nun mal Ärztin. In komplexen Fällen bemühe ich mich um ein Gutachten durch eine der Gütestellen oder über den Medizinischen Dienst der Krankenkasse. Der Einzelfall bestimmt das Vorgehen.

Was ist für Sie das A und O, was das Arzthaftungsrecht betrifft? Was muss in jedem Fall beachtet werden?
Das, was der Patient erklärt und die Beweisregeln, welche der Gesetzgeber uns vorgibt.

Wie bereiten Sie sich auf einen Fall vor? Haben Sie eine Art Routine?
Ich lese sehr viel und lerne daher jeden Tag aufs Neue. Routine gibt es kaum.

Welchen Rat geben Sie Ihren Klienten mit?
Geduld zu haben. Denn eine Auseinandersetzung im Arzthaftungsrecht benötigt Zeit. Allein außergerichtlich kann es an die zwei Jahre dauern, bis wir einen Anspruch durchgesetzt haben. Im gerichtlichen Verfahren dauert es in der ersten Instanz oftmals drei bis fünf Jahre, bis es zu einem Urteil oder einer Einigung kommt.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation in Bezug auf die Corona-Krise?
Das kann ich noch nicht sagen. Ich habe viele Anfragen mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen.

Welche langfristigen Auswirkungen sehen Sie für Ihre Branche?
Es finden derzeit kaum Gerichtstermine statt und die Terminstände bei den Gerichten sind lang, so dass wir oft lange auf einen neuen Termin warten müssen.

Und welche Auswirkungen hat die Krise bereits jetzt auf Ihr Berufsfeld?
Das Telefongespräch oder der Videochat können nicht immer das persönliche Gespräch ersetzen. Bis wir Behandlungsunterlagen vorliegen haben, dauert es derzeit länger, so dass die Bearbeitungszeiten zunehmen. Corona verzögert viel und vieles.

Haben Sie allgemein einen ganz persönlichen Geheim-Tipp für Ihre Klienten?
Wenn ein Mandant zu mir kommt, dann weiß ich, für ihn ist sein Anliegen meist die wichtigste Sache auf der Welt, denn er hat den Schaden, der ihn in jeder Minute begleitet. Bei allem Verständnis dafür, möge er aber trotzdem Geduld haben.

Zu guter Letzt: Was ist Ihr Wunsch oder Ihr Ziel für 2020? Und für 2021?
Die Gesundheit. Für gestern, heute und morgen gilt: Jeder arbeitende Mensch macht Fehler, aber der Verursacher oder seine Haftpflichtversicherung muss dafür einstehen.