Urteil des Kammergerichts Berlin vom 13.03.2017 – 20 U 238/15

Das Kammergericht hat mit diesem Urteil das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gestärkt unter Berücksichtigung des § 630e Absatz 1, Satz 3 BGB.

Neben einer dem ärztlichen Standard entsprechenden Behandlung, besteht die Pflicht des Arztes zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung. Nach § 630e Absatz 1, Satz 3 BGB ist im Rahmen der Aufklärung auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

Zum Sachverhalt:
Die Patientin, die unter Herzrasen litt, unterzog sich einer Herzkatheteruntersuchung und anschließend einer Katheterablation, bei der sie als Komplikation einen AV-Block dritten Grades erlitt. Zwei Tage später musste daher ein Herzschrittmacher implantiert werden. Die Patientin war daraufhin fast ein Jahr arbeitsunfähig, da sie unter einer Angststörung mit Depressivität litt, somatoforme Beschwerden aufwies und eine posttraumatische Belastungsstörung hatte.

In der I. Instanz wurde die Klage abgewiesen. Der Sachverständige hatte erklärt, dass eine medikamentöse Therapie zwar die Therapie der zweiten Wahl, aber grundsätzlich denkbar wäre. Das Landgericht  in der zweiten Instanz, dem Kammergericht, hat der Klägerin ein Schmerzensgeld zugesprochen und das, obwohl die bei der Patientin vorgenommene Therapie, die der ersten Wahl gewesen ist. Zwar sei die „Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes, sofern diese dem ärztlichen Standard entspricht“, aber der Patient ist auch über alternative Behandlungsmöglichkeiten zu informieren, wenn diese mit unterschiedlichen Belastungen, Risiken und Erfolgsaussichten für den Patienten verbunden sind. Außer der invasiven Methode war vorliegend die Möglichkeit der medikamentösen Therapie gegeben. Es musste keine invasive Therapie durchgeführt werden. Zwar hatte die konservative Therapie, gemäß den Erklärungen des Sachverständigen, keine Aussicht auf Heilung, aber diese war mit weniger Risiken verbunden. Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten verlangt es, dass dieser selbst entscheiden muss, welche Therapie er sich aussetzen will, auch wenn diese Therapie nicht die der ersten Wahl, jedoch dem ärztlichen Standard entspricht.

Da vorliegend die Aufklärung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist und die Klägerin damit nicht wirksam in den Eingriff einwilligen konnte, stellt sich der Eingriff als rechtswidrig dar, so dass der Beklagte für die Folgen der invasiven Maßnahme haftet.

Zurück